Entgelttransparenz – was Arbeitgeber erwartet

Frauen verdienen für vergleichbare Arbeit im Verhältnis weniger als ihre männlichen Kollegen. Durch weitreichende Auskunfts-, Transparenz- und Berichtspflichten will die EU diesen geschlechtsspezifischen Entgeltunterschied (Gender Pay Gap) systematisch schließen. Doch das birgt Nebenwirkungen: Rechtsunsicherheit, mehr Bürokratie, Kontrollen und weitreichende Sanktionen.

Frauen verdienen für vergleichbare Arbeit im Verhältnis weniger als ihre männlichen Kollegen. Laut statistischem Bundesamt beträgt die Lücke bereinigt sechs Prozent. Durch weitreichende Auskunfts-, Transparenz- und Berichtspflichten will die EU diesen geschlechtsspezifischen Entgeltunterschied (Gender Pay Gap) systematisch schließen. Doch die – im Vergleich zum bisherigen Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) – sehr offensiv gestaltete EU-Richtlinie 2023/970 birgt Nebenwirkungen, wie Rechtsunsicherheit hinsichtlich diverser Vorgaben, mehr Bürokratie durch einen weitgefassten Auskunftsanspruch, Kontrollen bei der Umsetzung und weitreichende Sanktionen.

Die Umsetzung in nationales Recht, federführend durch das inzwischen durch Karin Prien (CDU) geführte Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) ist spätestens bis zum 07.06.2026 vorgesehen. Ein entsprechender Referentenentwurf gibt bislang vor allem die Richtlinie selbst wieder.

Demnach soll künftig ein Auskunftsanspruch unabhängig von der Unternehmensgröße bestehen. Das EntgTranspG sieht noch eine Mindestgröße von 200 Beschäftigten vor. Betrachtet wird anders als bisher nicht der Medianwert, sondern die durchschnittliche Entgelthöhe, der Beschäftigtengruppe, die die gleiche oder – und das ist das besondere – eine gleichwertige Arbeit verrichtet, aufgeschlüsselt nach Geschlecht. Zudem erfasst der Auskunftsanspruch außer dem Grundentgelt auch alle sonstigen Entgeltbestandteile. Berichtspflichten über das Entgeltgefälle, die bislang nur für lageberichtspflichte Arbeitgeber mit mehr als 500 Beschäftigen gelten, sind nach der Richtlinie bereits für Arbeitgeber mit mindestens 100 Beschäftigten vorgesehen. Ergibt der Bericht einen Entgeltunterschied von mehr als fünf Prozent und kann dieser nicht objektiv und geschlechtsneutral begründet werden, sind Arbeitgeber verpflichtet, Maßnahmen zur Beseitigung der Differenz zu ergreifen.

Darüber hinaus stellt die Richtlinie auch Anforderungen an die Entgeltsysteme, sodass Entgeltstrukturen und damit auch die angewandten Arbeitsbewertungssysteme so beschaffen sein müssen, dass anhand objektiver, geschlechtsneutraler Kriterien beurteilt werden kann, ob sich die Arbeitnehmer im Hinblick auf den Wert der Arbeit in einer vergleichbaren Situation befinden. Selbst die zu beurteilenden Kriterien gibt die Richtlinie teilweise vor.

Der EU-Gesetzgeber übersieht dabei, dass viele Tarifverträge seit langem auf geschlechtsneutrale Arbeitsbewertungssysteme zurückgreifen. Eine Angemessenheitsvermutung tariflicher Entgeltsysteme, wie sie das EntgTranspG in Teilen vorsieht, lassen sowohl die Richtlinie als auch der aktuelle Referentenwurf vermissen. Ob angesichts der vorgegebenen Kriterien alle tariflichen Arbeitsbewertungssysteme erhalten bleiben können, ist nicht absehbar. Im Vergleich zum bisherigen Entgelttransparenzgesetz bedeutet die Umsetzung der Richtlinie einen Paradigmenwechsel. Sie setzt zweifellos ein starkes Signal für Transparenz und Gleichstellung – doch tut sie das mit einem deutlichen Fokus auf Kontrolle, Sanktionen und Bürokratie. Aus Sicht der Metall- und Elektrobranche wäre hingegen eine Angemessenheitsvermutung im Rahmen der nationalen Umsetzung für die durchaus praxiserprobten Arbeitsbewertungssysteme (insbesondere ERA) mehr als nur wünschenswert.

Fotos: Adobe Stock (Oksana); istockphoto (Maksym Rudoi, tommy)

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