Christian Greding liegt das Handwerk im Blut. Sein Vater war Schweißfachmann. Zu Hause in Westerhorn zwischen Elmshorn und Itzehoe war immer ein Projekt in Arbeit, erinnert sich der 40-Jährige. Den Weg in das Chefbüro der Bärenkälte GmbH, dem führenden Anbieter für Kälte-, Klima-, Wärme- und Lüftungstechnik in Hamburg und Umgebung, hat sich Greding Schritt für Schritt erarbeitet. Wo der Geschäftsführer heute Strategien für die Zukunft entwirft, stand er vor rund 20 Jahren als Auszubildender mit Kälteknarre und Bördelkoffer in den Händen. Dieser Stallgeruch prägt: Greding ist kein Manager aus dem Elfenbeinturm, sondern ein Chef, der genau weiß, wie viel Schweiß und Präzision hinter jeder installierten Anlage steckt.
Ausbildung als DNA des Erfolgs
Früh stand für den gebürtigen Itzehoer fest, eine handwerkliche Ausbildung zu machen. Dass seine Wahl schließlich auf den Kälteanlagenbau fiel, ist einem Praktikum in einem Betrieb in Schleswig-Holstein zu verdanken. „Ich empfehle jedem, vorab in das Berufsfeld hineinzuschnuppern“, sagt Greding. Eine leicht durchklingende norddeutsche Sprachmelodie verleiht dem jungen Mann einen sympathischen Zug. Bärenkälte gibt jedes Jahr etwa 30 Jugendlichen die Chance auf ein Praktikum. Und nicht nur das: Ausbildung ist die DNA des Betriebs, der seit 2011 Mitglied des Allgemeinen Verbands der Wirtschaft Norddeutschlands (AGV NORD) ist. Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, setzt Bärenkälte auf eine umfassende Nachwuchsstrategie. Aktuell lernen knapp 20 junge Menschen im Betrieb – eine Ausbildungsquote von 25 Prozent, die in der Branche ihresgleichen sucht. „Das ist unser Weg zum gesunden Wachstum“, sagt Greding, ganz Geschäftsführer, und erzählt: „Wir sind zu Berufstagen in den umliegenden Schulen präsent und hatten auch schon einmal den M+E-Info-Truck auf dem Hof.“ Das Berufsbild habe sich stark technisiert: Statt rein mechanischer Reparaturen stehen heute das Durchmessen von Platinen und der Umgang mit komplexer Steuerungselektronik auf dem Lehrplan.
Das mache den Beruf äußerst anspruchsvoll, aber auch sehr abwechslungsreich. Mechatroniker für Klima- und Kältetechnik seien gleichzeitig Heizungs- und Kälteanlagenbauer, Klempner und Elektriker, wie Bärenkälte-Inhaber Andreas Baehr, Sohn des Unternehmensgründers Walter Baehr, das Berufsbild gern umschreibt. Auch körperlich kann der Job recht fordernd sein. Monteure verbringen Stunden in der sommerlichen Hitze, um ausgefallene Klimaanlagen wieder zum Laufen zu bringen. Anlagen müssen auch auf Dächern in schwindelerregender Höhe aufgebaut werden. „Beides treibt einem den Schweiß auf die Stirn. Dafür wird man meist mit einem fantastischen Blick über Hamburg und das Umland entschädigt“, nimmt es Greding gelassen.
Nach seiner Ausbildung sammelte der heutige Firmenchef als Monteur bei den Bärenkälte-Kunden genau solche Erfahrungen. Schnell entwickelte er Führungsambitionen. „Mir hat es schon auf der Baustelle Spaß gemacht, nicht nur zu schrauben, sondern ein Team zu leiten“, erinnert sich der bodenständig wirkende Mann. Seit Mai 2019 leitet er das operative Geschäft, während Andreas Baehr als Inhaber im Hintergrund bleibt. Gredings Führungsstil ist teamorientiert und nahbar: „Wir versuchen, die Stärken des anderen zu sehen und nicht die Schwächen. Zugleich möchten wir jedem eine Perspektive geben. Ist sie klar kommuniziert, kann sich auch jeder danach richten“, sagt Greding.
Wenige Hierarchieebenen durchziehen das Unternehmen. Unter Greding gibt es vier Abteilungsleiter, für das Neubaugeschäft und für den Bereich Wartung und Service sowie für Büro und für Personal. Diese werden von Teamleiterinnen und -leitern unterstützt. „Wenn einem Mitarbeiter ein Stift aus der Hand fällt, dann schaut hier keiner weg, sondern hebt ihn auf, egal auf welcher Stufe er oder sie steht“, nennt Greding ein Beispiel.
Champion am Rande der Stadt
Der Standort in Hamburg-Hummelsbüttel, ein zweistöckiger Flachdachbau mit Rasterfassade und dunklen Metallpaneelen in einem Gewerbegebiet unweit der A7, ist die Basis für rund 80 Beschäftigte. Was 1976 im Elternhaus des Gründers in Niendorf begann, ist heute ein mittelständischer Champion mit mehr als 1.000 Kunden im Umkreis von 200 Kilometern. Das Unternehmen steuert auf einen Jahresumsatz von rund zehn Millionen Euro zu. Dabei hat sich das Portfolio über die Jahre stark gewandelt. „Früher lief das Geschäft im heißen Sommer am besten. Heute haben wir durch den Wärmepumpen-Boom ganzjährig Hochkonjunktur“, erklärt Greding. 80 Prozent des Kundenstamms betreiben ein Gewerbe. Viele davon kommen aus der Industrie. In deren Prozesse ist Bärenkälte tief integriert – die Anlagen gehören oft zur kritischen Infrastruktur und müssen 365 Tage im Jahr laufen.
Technologisch sieht Greding die Branche vor einem Umbruch, den er offensiv angeht: Die verschärfte F-Gase-Verordnung der EU zur Reduktion umweltschädlicher Fluorkohlenwasserstoffe zwingt zum Verzicht auf herkömmliche Kältemittel. Greding sieht darin keinen Zwang, sondern eine Chance: „Wir müssen die Ozonschicht schützen. Der Wechsel auf natürliche Kältemittel wie Propan oder CO2 ist der einzig logische Weg.“
Doch der Pragmatismus des Geschäftsführers stößt dort an Grenzen, wo politische Rahmenbedingungen auf die Realität des Mittelstands treffen. Besonders das Hin und Her beim Gebäudeenergiegesetz („Heizungsgesetz“) hat Spuren hinterlassen. „Das hat erst eine riesige Hysterie ausgelöst – alle wollten Wärmepumpen. Hier im Haus haben wir für unsere Kunden sogar einen kleinen Schauraum mit verschiedenen Modellen eingerichtet. Dann kam die Verunsicherung und der Markt ist stark eingebrochen“, kritisiert Greding die fehlende Verlässlichkeit der Politik. Planungssicherheit sieht anders aus. Das sagt er auch mit Blick auf das Hamburger Klimaschutzgesetz. Die Hansestadt soll bis 2040 klimaneutral werden – fünf Jahre früher als geplant. Ein Ziel, das im Oktober per Volksentscheid zum Gesetz geworden ist.

Politik mit Bremswirkung
Auch bei der Mobilitätswende fühlt sich das Unternehmen ausgebremst. Greding würde die Flotte mit rund 40 Fahrzeugen gern elektrifizieren, doch die Hürden sind hoch: „Ein E-Transporter kostet im Leasing das Doppelte eines Diesels. Und viele meiner Monteure wohnen in Mietwohnungen ohne Lademöglichkeit. Wie soll das funktionieren?“ Hier wünscht er sich, dass politische Visionen stärker mit der betrieblichen Praxis synchronisiert werden. Ein weiteres Ärgernis ist die Bürokratie. Zwar befürwortet Greding hohe Standards bei der Arbeitssicherheit, doch der Dokumenten-Dschungel lähmt. „Viele Industriekunden verlangen eine eigene, spezifische Gefährdungsbeurteilung. Wir verbringen viel Zeit damit, Formulare auszufüllen, statt Anlagen zu bauen“, moniert er. Zugleich erwarteten die Kunden eine günstige Anlage, die allen gesetzlichen Anforderungen entspricht. Doch: „Die Gesetzeslage ist kompliziert und wird in den kommenden Jahren nicht einfacher“, befürchtet der Firmenchef.
Trotz der Herausforderungen blickt Christian Greding optimistisch in die Zukunft. Sein Ziel ist ambitioniert: „Wenn man im Norden an Kälte- und Klimatechnik denkt, soll man automatisch an Bärenkälte denken.“ Dabei gilt für ihn Qualität vor quantitativem Wachstum, Gewinn vor Umsatz. Um Abhängigkeiten zu vermeiden, darf kein Kunde mehr als zehn Prozent des Umsatzes ausmachen – so die selbstauferlegte Regel zur Risikominimierung.
„Wir verbringen viel Zeit damit, Formulare
auszufüllen, statt Anlagen zu bauen.“
Privat findet der Vater zweier Kinder seinen Ausgleich beim Sport. Vor der Arbeit absolviert er oft eine Einheit EMS-Training. Über Elektroden werden dabei sanfte elektrische Impulse an die Muskeln gesendet, was den Körper über die eigentlichen Übungen hinaus in kurzer Zeit intensiv trainiert. Oder Greding steht an ein bis zwei Tagen in der Woche auf dem Tennisplatz. „Man kann nur performen, wenn man einen Ausgleich hat“, ist er überzeugt. Und Energie wird er benötigen, denn die Energiewende wartet nicht – und Bärenkälte will sie nicht nur begleiten, sondern gestalten.
Bärenkälte
Der Spezialist für die Installation und Wartung von Kälte-, Klima-, Wärme- und Lüftungstechnik mit Sitz in Hamburg-Hummelsbüttel betreut mit seinen rund 80 Beschäftigten mehr als 1.000 Kunden im norddeutschen Raum. Auch das Klimakonzept des Snow Dome, einer großen Indoor-Ski-Anlage in Bispingen in der Lüneburger Heide, stammt von Bärenkälte. Im kommenden Jahr feiert der Familienbetrieb sein 50-jähriges Jubiläum und will die Marke von zehn Millionen Euro Jahresumsatz knacken.
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Fotos: Alena Zielinski