Belastung statt Gewinn

Mit Unverständnis schauen Arbeitgeber auf das Bundesland Berlin. Dort soll von 2027 an eine Ausbildungsumlage gelten. Warum das nicht nachvollziehbar ist, zeigt ein Blick nach Bremen. Dort müssen Unternehmen seit Februar 2025 in einen Ausbildungsfonds einzahlen.

Seit Jahrzehnten investieren Betriebe in die Ausbildung junger Menschen. Insbesondere in der Metall- und Elektroindustrie gehört das zur DNA. Trotzdem hat die Bremische Bürgerschaft mit dem Ziel, die Anzahl der Ausbildungsplätze zu erhöhen, Anfang 2025 eine Ausbildungsumlage eingeführt. Diese setzt falsche Signale und verfehlt ihre Wirkung. „Arbeitgeber bilden aus Überzeugung aus. Sie sichern so ihren Nachwuchs, geben jungen Menschen eine Perspektive und stärken die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit des Standortes. Wenn die Politik das unterstützt, begrüßen wir das – aber ohne Zwang und mit Sinnhaftigkeit“, sagt Thomas Küll, Mitglied der Geschäftsleitung von NORDMETALL und AGV NORD.

Die Umlage wird auf Basis der Bruttolohnsumme eines Unternehmens berechnet. Das führt dazu, dass die Metall- und Elektrobranche besonders stark betroffen ist, insbesondere wenn das Unternehmen Tariflöhne zahlt oder sich daran orientiert. „Besonders gute Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen werden bestraft. Das ist weder nachvollziehbar, noch unterstützenswert“, sagt Thomas Küll. Ein Rechenbeispiel macht das deutlich: Ein Betrieb mit 100 Beschäftigten, davon sechs Auszubildenden, hat eine Ausbildungsquote von sechs Prozent. Das ist überdurchschnittlich. Zahlt dieses Unternehmen seinen Beschäftigten eine Bruttolohnsumme von 4,95 Mio. Euro pro Jahr, muss es 13.365 Euro in den Ausbildungsfonds einzahlen und bekommt für die sechs Auszubildenden eine Rückzahlung von 13.500 Euro. Bleiben 135 Euro im Betrieb. Zahlt das Unternehmen seinen Beschäftigten jedoch mehr, etwa eine Bruttolohnsumme in Höhe von 6,8 Mio. Euro, fließen 18.360 Euro in den Fonds. Verrechnet mit der Ausgleichszuweisung, muss dieses Unternehmen 4.860 Euro draufzahlen – trotz überdurchschnittlicher Ausbildungsquote von sechs Prozent.

Was ist die Ausbildungsumlage?

Unternehmen im Land Bremen sind seit 2025 (rückwirkend für das Meldejahr 2024) verpflichtet, eine Ausbildungsabgabe in Höhe von 0,27 Prozent der jährlichen Arbeitnehmerbruttolohnsumme in einen Ausbildungsfonds zu zahlen. Daraus sollen Maßnahmen zur Stärkung der Ausbildung im Land Bremen finanziert werden. Gleichzeitig erhalten Unternehmen je Auszubildenden aus diesem Fond eine Ausgleichszuweisung von 2.250 Euro jährlich. Ausgenommen von der Umlage sind Betriebe mit einer Bruttolohnsumme von weniger als 135.000 Euro.

Von zweifelhafter Wirkung

Das Beispiel zeigt auch: Die Umlage berücksichtigt nicht, wie viele Auszubildende ein Betrieb im Verhältnis zur Belegschaft beschäftigt. Hinzu kommt, dass im Fonds nach den Ausgleichszahlungen kaum Geld für sinnvolle Fördermaßnahmen bleibt. Die waren Teil des politischen Vorhabens. „Laut Politik soll die Ausbildungsumlage einen Beitrag zur besseren Versorgung der Arbeitgeber mit ausgebildeten Fachkräften leisten. Doch das Ergebnis: mehr Kosten, mehr Bürokratie – und eine Umlage, die die wertschöpfende Industrie in der aktuellen Lage zusätzlich schwächt“, fasst Thomas Küll zusammen. Nachwuchssicherung ist und bleibt eine unternehmerische Aufgabe, die Betriebe seit Jahren verantwortungsvoll wahrnehmen. Die wahren Herausforderungen liegen woanders: Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt, weil Bewerberinnen und Bewerber fehlen oder die Passung nicht stimmt. „Wenn die Politik mit uns gemeinsam an dieser Problemstellung arbeiten möchte, sind wir jederzeit bereit“, so Küll. NORDMETALL und der AGV NORD setzen sich seit Jahren für eine praxisnahe Berufsorientierung, mehr Begeisterung für MINT-Fächer und eine wirksamere Begleitung des Übergangs in den Arbeitsmarkt ein.

Fotos: iStock / SergeyBitos; Anastasiia_New

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