Im modernen Auditorium der in Hamburg-Wandsbek gelegenen Zentrale des international erfolgreichen Intralogistikers begrüßte Nadine Despineux, Vorständin Sales der Jungheinrich AG, die rund 90 Gäste. „Wir möchten an Sie, liebe Senatoren, Abgeordnete und Verbandsvertreter, einen Appell richten: Als Industrie sind wir mit dabei, für mehr Wettbewerbsfähigkeit das Ruder herumzureißen. Stattdessen kämpfen wir mit Bürokratie, mit sehr ineffizienten Genehmigungsverfahren, mit dem Fachkräftemangel und einem defizitären Bildungssystem.“
Dipl.-Ing. Andreas Pfannenberg, Vorstandsvorsitzender des IVH, nahm den Faden auf und betonte in seinem Impuls: „Wir haben genug Bürokratie in Hamburg. Was wir stattdessen brauchen, ist unter anderem eine Genehmigungsfiktion, um Vorhaben auch dann vorantreiben zu können, wenn die eigentliche Genehmigung noch nicht vorliegt. Da sind wir noch lange nicht angekommen, wo wir in Hamburg hinmüssen,“ so der Familienunternehmer aus der Elektrotechnik- Branche mit Sitz in Hamburg-Allermöhe.
Schnellere Genehmigungsverfahren, Bürokratieabbau, die Verkehrspolitik, Fachkräftezuwanderung und die Energiepolitik waren als zentrale Themen in der 90-minütigen Debatte ohnehin gesetzt, nachdem Hamburger Medien am gleichen Tag eine Standortumfrage veröffentlicht hatten, in der diese Punkte als Hauptsorge der Hamburger Industrie benannt worden waren (s. S. 13).
Der engagierten Diskussion untereinander und mit den Gästen stellte sich unter anderen Senatorin Dr. Melanie Leonhard (SPD), seit gut zwei Jahren Präses der Behörde für Wirtschaft und Innovation der Freien und Hansestadt Hamburg. Sie nannte ein Beispiel aus der Debatte um Fachkräfteeinwanderung, bei dem sie Handlungsbedarf sieht: „Solange man auf die berufliche Anerkennung sehr lange warten muss, solange man im Ausland Deutsch lernen und das hier geprüft werden muss, ohne digitale Register zu haben, werden wir uns da nicht freikämpfen,“ so die Politikerin, die auch Landesvorsitzende der Hamburger SPD ist. Ausländerrecht sei Bundesrecht, deshalb habe Hamburg hier diverse Anregungen an den Bund gegeben. Zusätzlich prüfe der Hamburger Senat seine analogen Verwaltungsprozesse derzeit sehr genau, um sie erfolgreich digitalisieren zu können. Der Devise folgend „Konkret wird wirksam“ lud die Wirtschaftssenatorin die rund 90 Wirtschafts- und Verbandsvertreter ein, ihrer Behörde konkrete Hinweise zu geben, welche Regelungen in Hamburg wegfallen könnten. Emotional wurde die Debatte, als es um die Verkehrspolitik ging. Schon der IVH-Vorsitzende hatte auf die seiner Meinung nach nicht funktionierende Baustellenkoordinierung hingewiesen. Dennis Thering MdHB (CDU), Fraktionsvorsitzender und Bürgermeisterkandidat der Elbunion, störte sich grundsätzlich an der Selbstzufriedenheit des Hamburger Senats: „Wir haben in dieser Stadt wichtige Infrastrukturprojekte, die nicht so vorankommen, wie wir uns das wünschen – Stichwort: Elbquerung.“ Thering, der auch CDU-Parteivorsitzender in der Hansestadt ist, versprach: „Mit der CDU wird es eine 180-Grad-Wende in der Verkehrspolitik geben, die darauf abzielt, Hamburg wettbewerbsfähig zu machen.“ Er forderte die Grünen auf, ihre Blockadehaltung bei so wichtigen Infrastrukturprojekten wie der Autobahn A 26 Ost endlich aufzugeben.
Auf die Baustellenkoordination angesprochen, zeigte sich Senator Dr. Anjes Tjarks (Bündnis 90/Die Grünen), seit 2020 Präses der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende der Freien und Hansestadt Hamburg, sichtlich verärgert: „Wenn jemand glaube, Baustellenkoordination funktioniere auf Fingerschnipsen, ist das Voodoo.“ In Deutschland gebe es zu wenig Geld für Infrastruktur. Deshalb müssten Verkehrsprojekte priorisiert werden, wobei Tjarks offenließ, welche Projekte dabei hinten runterfallen würden. „Alles gleichzeitig funktioniert nicht“, betonte der Senator und räumte ein, dass schneller und termingerechter gebaut werden müsse. Dr. Nico Fickinger, Hauptgeschäftsführer von NORDMETALL und AGV NORD, betonte: „Kluge Priorisierung bei Verkehrsprojekten und mehr Geschwindigkeit bei Genehmigungsverfahren, darauf sollte der neue Senat größten Wert legen. Und auf der Hand liegende Vereinfachungen einfach mal umsetzen.“ Generell könne die Politik mehr dafür tun, um den Standort zu stärken, Wachstum zu ermöglichen und Arbeitsplätze zu sichern. Abschließend wünschte sich der Arbeitgebervertreter, dass Politikerinnen und Politiker auf Landes- und auf Bundesebene, wie an diesem Abend gezeigt, wieder stärker zu einer „vernünftigen Auseinandersetzung auf der Sachebene“ zurückfänden. Nach der Debatte lud die Jungheinrich AG zu einem kleinen Imbiss und Getränken im Foyer ihres Auditoriums. Die Gäste waren sich weitgehend einig: Hamburg braucht nicht nur eine andere Verkehrspolitik, sondern hat auch in anderen Bereichen noch viel Luft nach oben.
Die Highlights des Hamburger Industriegipfel 2025 im Video:
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