Mein Standpunkt: Nachhaltigkeit

„Wahrhaftigkeit als vierte Dimension“ Alexander Luckow, „Standpunkte“-Chefredakteur

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, im Volksmund auch Entwicklungshilfeministerium genannt, hält eine sehr schöne Definition für den Begriff der Nachhaltigkeit bereit: „Nachhaltigkeit … bedeutet, die Bedürfnisse der Gegenwart so zu befriedigen, dass die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht eingeschränkt werden. Dabei ist es wichtig, die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – wirtschaftlich effizient, sozial gerecht, ökologisch tragfähig – gleichberechtigt zu betrachten.“

Längst bedienen die Unternehmen der (nord-) deutschen Metall- und Elektroindustrie diesen Dreiklang und bieten ihren Kunden ökologisch nachhaltige Produkte zu vertretbaren Preisen an, die unter sozial gerechten Umständen hergestellt wurden. Das Label „Made in Germany“ steht vielerorts seit Jahren gerade auch für diese Nachhaltigkeit, nicht mehr nur für Zuverlässigkeit und Qualität.

Doch seit einiger Zeit gerät dieses erfolgreiche Geschäftsmodell unter Druck: Die Konkurrenz wird auch beim nachhaltigen Wirtschaften immer besser, insbesondere in Asien. Die Energie in Europa und ganz besonders in Deutschland ist nach dem russischen Überfall auf die Ukraine immer teurer geworden. Und die Politik, die dereinst der Nachhaltigkeit den Weg geebnet hat, hat von den drei Dimensionen zwei aus dem Auge verloren: Wirtschaftlich effizient sind die überbordenden Berichts- und Nachweispflichten vieler Paragrafenwerke überhaupt nicht mehr, insbesondere wenn sie von der Europäischen Union stammen – die Sinnhaftigkeit kaum überprüfbarer Textmengen mal ganz außer Acht gelassen. Sozial gerecht schließlich kann man das Anhäufen hunderter Milliarden neuer Schulden kaum nennen, ebenso die alles andere als nachhaltige Rentenpolitik: Praktisch alle Parteien verschließen die Augen davor, dass ein System kollabieren wird, in dem immer mehr Alte immer bessere Renten erhalten sollen, die immer weniger Junge erarbeiten müssen.

Ich schlage deshalb vor, die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit um eine vierte zu ergänzen: die Wahrhaftigkeit. Vielleicht nicht im vormaligen Entwicklungshilfeministerium, wohl aber im Kanzleramt und besonders im Hause der Arbeits- und Sozialministerin wird es Zeit, sich ehrlich zu machen, gerade bei der Rente. Über Einschnitte, die alle mitzutragen haben, wird geredet werden müssen, statt über Haltelinien. Über neue Einzahlergruppen auch, statt über alte Heiligtümer. Nur eine Politik, die sich das traut, wird es ermöglichen, dass die deutsche Wirtschaft wirklich nachhaltig bleibt.

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Foto: Christian Augustin

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